Heute bin ich entgegen meiner Gewohnheit früh aufgestanden. Die Zeitung berichtet heute von 23 Todesopfern im Kreisgebiet. Das finde ich beunruhigend. Wenn das eine Woche lang so weitergeht, dann können die am nächsten Samstag eine Sonderausgabe – Todesanzeigen rausbringen. Nur wird sie keiner mehr kaufen und lesen.

Im Radio ähnlich prickelnde Berichte. In Hamburg spricht man in den Nachrichten von mehr als 3700 Toten. Viel interessanter wäre ja die Zahl der Erkrankten. Das ließe ja gewisse Rückschlüsse auf die zu erwartenden Toten in Zukunft schließen. 

Nun überschlagen sich die Sondersendungen. Selbsternannte Fachmänner referieren über Dunkelziffern, Herkunft und was man nicht alles beachten sollte, um nicht infiziert zu werden. Ich habe um acht Uhr begonnen, den Keller meines Hauses mal genauer zu inspizieren. Mein Onkel war offensichtlich ein ziemlicher Freak.

Ich muss gestehen, dass ich nicht wirklich oft im Keller war und mich deswegen auch nicht mit dem beschäftigt habe, was da so rumsteht und vor allem eingebaut ist. Der hat tatsächlich an diesen Zombiescheiß geglaubt.

Die Kellertür ist unscheinbar, sieht aus wie eine normale Zimmertür. Allerdings wesentlich schwerer und mit mehr Schließungen. Im Keller gibts nen „normalen“ Keller, wie so ein Keller halt ist. Zeugs drin, Gerümpel, Vorräte und so weiter.

Hinter nem alten Vorhang hab ich dann noch so eine stabile Tür gefunden. Dahinter befand sich eine Art Luftschutzraum. Bett, Waschmöglichkeit und ein angrenzender Raum mit Technik. Ein Generator der Bundeswehr steht da drin, ein 1000l Dieseltank und ein Regal mit Dosenfutter für Monate.  Eine Filteranlage für Wasser hat er auch eingebaut, es kommt von den Regenrinnen von Haus, Gartenlaube und Gerätschuppen.

Das einzig Wertvolle scheint mir der Generator und das Wasser zu sein. 

Ich habe Jan erreicht. Er sagt, es sind viele Leute in seiner Einheit krank und der Laden wird vorübergehend geschlossen, die Leute bekommen Sonderurlaub, damit sich nicht noch mehr anstecken. Das gabs zuletzt bei der Bindehautentzündungsepidemie bei der Bundeswehr. Müsste 2004 gewesen sein.

Ich habe mein Impfbuch durchgesehen, es ist voll. Bei vielen Soldaten ist das auch so, sie sind trotzdem erkrankt. 

Heute ist es still gewesen. Es fahren weniger Autos durch die Straßen. Gut, es ist Sonntag, aber es kam mir trotzdem leerer vor, als es sonst der Fall ist. 

Plan für Morgen:

Krank melden

Auto volltanken und Kanister mitnehmen

Jan kommt morgen, wir wollen überlegen, was man machen kann.

Ich habe beschlossen, Tagebuch zu schreiben. 

Ich heiße Christian, bin 32 Jahre alt, allein stehend und wohne in der Nähe der Kleinstadt Schleswig in Norddeutschland.

Seit einem Jahr gehe ich einem recht belanglosen Bürojob nach, sitze den ganzen Tag vor einem Computer und versuche nach der Arbeit das geerbte Häuschen in dem ich wohne, in Schuss zu halten. 

 

Warum habe ich beschlossen Tagebuch zu schreiben?

Wahrscheinlich, um selber zu begreifen, was passiert. Selber verstehen und nachvollziehen, was sich zu Zeit entwickelt und in welcher Geschwindigkeit es sich entwickelt. 

Die Tage am Wochenende sind die einzigen, an denen ich es mir leiste, Brötchen und Zeitung vom Bäcker zu holen. Die Zeitung vervielfacht die Dauer des an Wochentagen auf ein paar Minuten reduzierten Frühstücks auf weit länger als eine Stunde. 

Im Regionalteil stand heute ein Bericht über eine Frau, die an einer bisher unbekannten Krankheit gestorben ist. Ich hatte die letzten Tage schon öfter davon gehört. Ohne ersichtlichen Grund bekommen Menschen grippeähnliche Symptome und wenig später sehr hohes Fieber. Nach ungefähr einer Woche sterben sie. Hier oben waren wir bis jetzt davon verschont geblieben.

Bezüglich einer Infektion mache ich mir allerdings keine allzu großen Gedanken. Ich pflege selten soziale Kontakte, mein Haus schränkt mich da noch zu sehr ein. Ich habe Kontakte zu ein paar ehemaligen Kameraden mit denen ich mich hauptsächlich übers Internet austausche, ab und zu gibt es einen Grillabend. 

Derzeit, wie schon bei der EHEC Epidemie 2011 wird vor den verschiedensten Lebensmitteln gewarnt. Sind es morgens noch Kartoffeln, sind es Mittags Erbsen und Abends soll man Erdbeeren am besten vor dem Verzehr abkochen. Sicherlich. Da sind ja richtige Fachmänner am Werk, wer isst nicht gerne mal nen Teller gekochte Erdbeeren? Da können sich die ganzen Fetten, die sich nur von Cola und Fast Food ausnahmsweise mal im Ruhme der gesünderen Ernährungsweise sonnen, ganz im Gegensatz zu den ganzen Körnerfressern.

Obst und Gemüse habe ich zumindest Teilweise in meinem eigenen Garten. Nachdem ich die Zeitung ausgiebig studiert habe und auch die Radioberichte dazu dauernd um die Ohren gehauen bekam, habe ich meinen Garten mal auf verzehrbare Pflanzen geprüft. Klingt sicherlich paranoid, aber es beruhigt irgendwie. Mit dem, was da wächst, kann ich sicherlich einen Monat überleben, ohne unbedingt in einen Supermarkt latschen zu müssen.

Morgen will ich den Keller inspizieren. Das Haus gehörte meinem Onkel und machte mich mit dem Kunststück zum Erben, welches er nur ein einziges Mal aufführen konnte. Mit einem Motorrad mit weit mehr als 200km/h in den 40-Tonner am Ende eines Staus auf der A7 zu fahren. Sicherlich spektakulär aber mit sowas ist man eher ein Einwegartist. Er war ein etwas seltsamer Typ, schwafelte oft von der nahenden Zombieapokalypse und gab Unsummen dafür aus, die Hütte hier dafür zu wappnen. 

Ich werde nachher mal sehen, was Jan zu der ganzen Sache sagt. Wir haben uns während meiner Zeit bei der Bundeswehr eine Stube geteilt. Er ist noch  bei dem Verein, mal gucken, was dort gesagt wird, vielleicht unterscheidet sich das Ganze ja von dem, was im zivilen Bereich so zu hören ist.

Plan für Morgen:

Keller inspizieren.

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