Wir sind auf weitere Überlebende gestoßen. Sie waren nicht freundlich gesinnt.

Heute morgen haben wir einen Bolzenschneider und ein Brecheisen eingepackt und sind mit meinem Polo zum Langsee gefahren. So nennt sich der Übungsplatz der Bundeswehr nördlich von Schleswig. Da mein Wohnort südlich von Schleswig liegt, sind wir durch die Stadt gefahren, um auf Lebenszeichen zu achten und um beim örtlichen Baumarkt noch ein wenig Werkzeug zu besorgen.

Lustigerweise haben wir uns, obwohl wir die einzigen weit und breit waren, an die Geschwindigkeitsbegrenzung gehalten und sind mit knapp über 50 km/h die Flensburger Straße entlanggefahren. Im Gegensatz zu den ganzen Endzeit- und Zombiefilmen ist die Straße komplett frei. Offensichtlich zieht es den Eingeborenen ganz im Gegensatz zu seinem nordamerikanischen Artverwandten nicht ins Auto um dann zum Sterben in andere Autos, eine schon versperrte Kreuzung oder einen Tunnel zu fahren. Der Deutsche stirbt standesgemäß zu Hause, bei laufender Glotze und brennender Stehleuchte auf dem Beistelltisch.

Die Flensburger Straße führt ein gutes Stück an einem Wald entlang, der auf der linken Seite bis fast an den Gehweg heranreicht. Wir waren an der steilsten Stelle, wo der arme Polo sowieso schon zu kämpfen hatte, als Jan ganz plötzlich „Alter!“ rief. Im nächsten Moment kamen zwei vermummte Gestalten auf die Fahrbahn gerannt und warfen mit faustgroßen Steinen auf unser Auto. Der erste traf die Windschutzscheibe und hinterließ eine Delle mit Spinnenetzmuster, von dem sich große Risse nach oben und unten ausbreiteten. Der Zweite ging irgendwo zwischen die Scheinwerfer. Anstatt zu bremsen, trat ich voll aufs Gas um von diesen Spinnern wegzukommen. Ein weiterer Stein flog glatt durch die hintere Seitenscheibe.

Ohne auf Ampel und Vorfahrt zu achten, beschleunigte ich den Kleinwagen weiter und wir verließen Schleswig nach wenigen Minuten. Bis wir den Übungsplatz erreicht hatten, redeten wir kein einziges Wort miteinander.

„Wir müssen das Auto loswerden“ war Jans schlüssige Feststellung. Ich sagte ihm, dass ich einen etwas anderen Plan hatte. Wir luden den Polo bis oben hin mit Natodraht voll, die Polster waren damit komplett ruiniert. Die rasiermesserscharfen Klingen auf dem Draht zerschnitten die Bezüge, verhedderten sich in ihnen und zerrissen sie bei jeder Bewegung. In einem Gerätehaus fanden wir Unmengen an Bandstacheldraht, ein flaches Eisenband mit ebensolchen scharfen Klingen. Er war wie Klebeband aufgerollt und befand ich in einem praktischen Abrollgerät. Ich nahm es mit.

Beim Baumarkt besorgten wir uns Kunstrasen und kiloweise Nägel. Die Nägel passten noch ins Auto, der Kunstrasen musste aufs Dach geschnallt werden. Wir schlugen auch die rechte hintere Scheibe ein, um einen Gurt durch den Wagen zu ziehen. Er war sowieso hinüber.

Das Grundstück des Nachbarn dekorierten wir auffällig mit dem Natodraht, den wir in einer Dreierrolle (zwei Rollen unten und oben eine mittig daraufgelegt) um das gesamte Grundstück legten. Zu guter Letzt stellten wir den Polo dort auf die Auffahrt. Meine geplasterte Auffahrt legten wir mit dem Kunstrasen aus, durch den wir vorher die Nägel steckten. Eine Fahrspur für ein Auto ließen wir frei. Um das Ganze etwas echter wirken zu lassen, vertreuten wir zwei Schubkarren Sand darauf. Mit unserem Ergebnis waren wir zufrieden. Der Bandstacheldraht wurde in Knöchelhöhe durch den Vorgarten gezogen, der vor allem durch seine Ungepflegtheit bestach. Wer dort durchschleichen will, der legt sich unter Garantie lang. Mit ziemlich ekligen Schnittwunden an den Füßen. Mit etwas Glück fiel er mit dem Gesicht in die nächste Reihe und braucht sich ums Narbenschminken für den nächsten Fasching keine Sorgen zu machen.

Dennis hat sich gemeldet. Sein Nachbarhaus brennt, sie packen und wollen so bald wie möglich zu uns kommen. Wir haben vereinbart, dass er anrufen soll, solange das Handynetz noch funktioniert.

Plan für Morgen:

– Neues zweckmäßiges Auto besorgen.

– Generator testen

– Sicherung des Grundstückes prüfen

Die Ereignisse aus der Sicht von Stefan können hier gelesen werden: http://letztetage.tumblr.com/

Stefanis Sicht: http://letzte-tage.blogspot.de/